Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

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‘Abdalqadir Al-Dschilani

Das Wissen des Sufismus ist so einfach wie zeitlos. Die Essenz der Erfahrung ist dabei, dass je mehr das „Ich“ verschwindet, das Göttliche anwest. Diesen Zustand und seine Erfahrungswelten kann man anstreben. Der authentische Lehrer wird dabei keine „Persönlichkeit“ sein, der für sich einnehmen will, sondern nur den Weg zu Allah weisen wollen. Ein Spiegel. Schaikh ‘Abdalqadir Al-Dschilani zählte zu den führenden Meistern der gesamten islamischen Geschichte. Er war einer der bedeutendsten Lehrer auf dem Feld des Sufismus, aber, wie im authentischen Sufismus üblich, ebenso auch ein führender Rechtsgelehrter einer anerkannten Rechtsschule.

Nicht nur seine Bücher und die Sammlungen seiner Vorträge werden auch heute noch weltweit von Muslimen dankbar gelesen, er ist auch Teil der meisten Überliefererketten der sufischen Tariqas. So haben viele Muslime durch diese Vermittlungswege immer noch einen direkten Zugang zu dem Wissen, das er besaß. Vieles davon ist heute noch so aktuell wie vor hunderten von Jahren. Es geht dabei immer um spirituelle Freiheit.

Was das volle Vertrauen in unseren Herrn (Tawakkul) betrifft, so ist die grundlegende Rechtleitung in Seinen Worten „Und wer auf Allah vertraut – für den ist Er sein Genüge“ (At-Talaq, 3) und im folgenden Vers „Und vertraut auf Allah, wenn ihr Gläubige seid“ (Al-Ma’ida, 23) enthalten.

In einem prophetischen Bericht (Hadith), der von dem Gefährten ‘Abdullah ibn Mas’ud überliefert wurde, sagte der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben: „Ich sah die religiösen Gemeinschaften an einem Versammlungsort und bemerkte, dass meine Gemeinschaft sowohl die Ebene als auch die Hügel ausfüllte, sodass ich mich über ihre Anzahl und ihren Zustand wunderte. Ich wurde gefragt: ‘Bist du zufrieden?’ Ich sagte ‘Ja’. Dann wurde mir gesagt: ‘Zusammen mit diesen werden 70.000, ohne Abrechnung erleiden zu müssen, in den Garten eingehen. Sie spielen nicht mit dem Feuer. Sie schauen nicht nach schlechten Omen. Sie praktizieren keine Täuschungen und legen ihr gesamtes Vertrauen in Allah.’“

Als er dies hörte, stand ‘Ukascha ibn Mihsan Al-Asadi auf, und fragte: „Oh Gesandter Allahs, bitte Allah darum, dass Er mich unter ihnen sein lässt.“ Also sagte der Prophet: „Oh Allah, lass ihn darunter sein!“ Dann sprang jemand auf und rief: „Bitte Allah darum, dass Er mich einer von ihnen sein lässt!“ Darauf antwortete der Prophet: „‘Ukascha ist dort vor dir angekommen.“

Die wirkliche Bedeutung des absoluten Vertrauens ist die Verlagerung der eigenen Angelegenheiten auf Allah. Das Schicksal kann man nicht machen, den Wandel – wie dies die moderne Politik erträumt – nicht einfach organisieren. Der Muslim muss überzeugt sein, dass es keine Möglichkeit dafür gibt, seinen Anteil am Schicksal zu ändern. Das bedeutet, dass was immer vorgesehen ist, ihn nicht verfehlen kann, und dass er gleichermaßen nichts erreichen kann, was nicht für ihn vorgesehen ist. Das Bild berühmt: es regnet, man ist zufrieden, die Sonne scheint, man ist es auch. Jemand, der sein gesamtes Vertrauen in Allah gelegt hat, ist daher in einem Zustand, in dem er um nichts bittet, nichts anderes wünscht, nichts zurückweist und an nichts festhält.“

Es war Imam Al-Dschunaid, der sagte: „Absolutes Vertrauen bedeutet, dass ihr euch vollkommen eurem Herrn widmet und dass ihr all eure Aufmerksamkeit von dem abwendet, was unter ihm ist.“

Besonders wenn es um die ökonomische Versorgung geht, die uns heute alle bestimmt, ist es schwer „spirituell“ zu sein. Vom Khalifen ‘Umar ibn Al-Khattab, möge Allah mit ihm zufrieden sein, wird berichtet, dass er folgendes Hadith überliefert hat: „Allahs Gesandter, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, sagte: ‘Wenn euer Vertrauen wirklich und wahrhaftig auf Allah ruht, dann wird Er euch versorgen, wie Er die Vögel versorgt. Diese beginnen ihren Tag mit leerem Magen und beenden ihn mit vollem Magen.“