Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Banking

„Ökonomisch und ethisch lässt sich das Papiergeldsystem kaum überzeugend rechtfertigen. Seine zweifelhafte Erfolgsgeschichte fordert geradezu auf, nach besseren Lösungen zu suchen, um Wohlstand zu erhalten. Freies Marktgeld ist unabdingbarer Baustein gesellschaftlicher Freiheit.“ (Thorsten Polleit, in der „Wirtschaftswoche“)

Es gibt zwischen den Muslimen leider kaum eine Debatte über die Wirkungen der Moderne auf den Islam. Man sieht sich hier drei grundsätzlichen Gefahren ausgesetzt: die Politisierung und Ideologisierung des Islam, die Marginalisierung des islamischen Rechts oder die Esoterisierung der Muslime. Praktisch immer hat man es dabei in der Moderne auch mit terminologischen Problemen zu tun.

Fakt ist, der „moderne“ politische Islam ist in vielen Bereichen eine Kopie westlichen Denkens mit dem Ziel, scheinbar genauso mächtig zu sein oder zu werden, wie die Vorbilder aus der säkular-westlichen Welt. Begriffe der politischen und ökonomischen Organisation wie „Supermarkt“, „Verein“, „Partei“ oder „Bank“ werden in dieser Denkrichtung nicht strukturell hinterfragt, sondern flugs „islamisiert“.

Die Möglichkeit einer eigenständigen islamischen Ökonomie, die auch eine echte Alternative darstellt und anderen Regeln folgt, geht dabei verloren. Die Frage bleibt natürlich, ob eine islamische Bank nicht etwa so logisch ist wie ein islamischer Whisky. Bevor man das Zinsverbot des Islam, ohne Skrupel, mit bauernschlauen Konstrukten aushebelt und die Bedeutung des Verbots damit aus den Augen verliert, muss man zuvor schon seinen „Tauhid“ verloren haben. Kein Wunder, dass man auch heute noch, von dem beängstigenden Wanken der wunderlichen Bankenwelt unbeeindruckt bleibt.

Eine Presseerklärung schwebt heute – ausgerechnet in dem Moment, wo die westliche Intelligenz die Schattenseiten des Bankings erfährt und durchdenkt – durch das Internet. Der Zentralrat der Muslime (ZMD) will künftig „Banken und anderen Finanzinstitutionen, ihre Finanzierungs- und Anlageangebote auf Übereinstimmung mit den Grundsätzen und Prinzipien des Islams prüfen“ und diese ermutigen, „in das islamische Finanzgeschäft einzusteigen.“ Wie das genau geschehen soll, bleibt verschwommen; wer die Rolle der Lehre übernimmt, ebenso. Erste Aufklärung soll ein Strategietreffen in der britischen Botschaft geben.

Nachdenklich stimmt auch die Aussage des ZDM, dass den „Muslimen geholfen werden soll, mit ihrem Vermögen auf islamische Weise umzugehen.“ Nach der Logik des Islam hieße das zunächst, dass der Zentralrat als dem Wohl der Muslime verpflichtete Instanz, sich um die Praxis der Zakat kümmern müsste. (Es gehört – nebenbei erwähnt – zu den Merkwürdigkeiten unserer Zeit, dass man das Wort „Scharia“ ohne Furcht vor öffentliche Blesssuren nur noch im Bereich des Bankenwesens verwenden kann.)

Nachdem Bundespräsident Köhler in der Finanzwelt eher ein „Monster“ sieht, will nun der Vorsitzende des Zentralrates, Ayyub Köhler, die Integration der Muslime in die Welt der Monster. Nach seinem Willen sollen „Deutschlands Muslime islamkonform in die Finanzwelt integriert werden.“ Es bleibt sein Geheimnis, wie man sich „islamkonform“ in eine Welt einbinden kann, die für millionenfaches Elend und Hunger mitverantwortlich ist. Der menschelnde Wunsch, die Bankenwelt ein Stück weit „islamisch“ zu moralisieren, zeigt das philosophische Nicht-Verstehen der Finanztechnik selbst. Diese Technik neutralisiert den Islam und integriert die Muslime in den Nihilismus dieser Zeit.