„Gemessen an den Reaktionen der Börsen auf die Wahl von Obama sind die Aussichten auf Krieg nicht ganz klar. Am Tag eins nach der US-Wahl öffnete die Wall Street jedenfalls mit deutlichen Verlusten. Die erhoffte Obama-Euphorie an den europäischen Aktienmärkten blieb ganz aus. Auf den klaren Wahlsieg der Demokraten folgten zum Teil kräftige Kursverluste.“ (Junge Welt)
„Die legendären Helden, nicht die wirklichen Helden haben Eindruck auf die Massen gemacht.“ (Gustave Le Bon; Psychologie der Massen)
Der Eine hat gewonnen.
Millionen aus aller Welt sind sich immerhin einig, dass es nach 8 Jahren Bush nur noch besser werden kann. Gebannt verfolgt die Weltöffentlichkeit, an Millionen Bildschirmen, ein Spektakel sondergleichen. Obama ist die größte denkbare Schnittmenge, von allem etwas: Christentum und Islam, Schwarz und Weiß, Sozialarbeiter und Bürgerrechtler. Ein guter Redner ist er allemal. Im Wahlkampf musste er im Dickicht der Kameras nur darauf achten, nichts zu sagen was nicht „Man“ sagt oder Worte zu benutzen, die Bush schon nachhaltig verbraucht hat.
Wahlen mutieren in den USA, wie alles Öffentliche, auch zu einem Wirtschaftsfaktor. Allein die Inthronisierung Obamas im Januar soll 40 Millionen Dollar kosten. Das wird – trotz der Finanzkrise – noch immer in den USA als viel Geld empfunden. Nicht zu vergessen ist auch, dass Obamas Wahlkampf bereits hunderte Millionen gekostet hat, gespendet von einer ökonomischen Lobby, die bedient und nicht enttäuscht werden will und das Primat des Politischen längst in Frage gestellt hat. Die 600 Milliarden, die die USA jährlich in den Krieg gegen den Terror wirft, sind ebenfalls eine Art „Konjunkturprogramm“, das auch Obama nur schwer ersetzen kann.
Obama muss jetzt die „Vereinigten Staaten“ – vor allem reich und arm – zusammenhalten. Das wird vermutlich seine wichtigste Dienstleistung. Die Brüche und Widersprüche sind abgründig tief. Dass es der Eine schaffen kann, ist für Millionen Anderer nur ein schwacher Trost. Der normale Tellerwäscher kann sich keinen Zahnarzt leisten. Fast 50 Millionen Menschen besitzen keine Krankenversicherung. Rund 30 Millionen benötigen Unterstützung durch staatliche Lebensmittelkarten. Der Schuldenberg ist so unglaublich groß, dass es politisch fragwürdig bleibt, was der bunte „Change“ wirklich leisten kann. Die Schulden haben sich in Bushs Amtszeit („Yes, we can“) fast verdoppelt, auf mehr als zehn Billionen Dollar.
Außenpolitisch sind die USA in mancherlei Hinsicht ein „Einparteiensystem“. In seiner geopolitischen Vision setzt sich Obama bisher kaum von Bush ab. Der Hauptunterschied scheint, dass es für die Europäer schwieriger wird, nein zu sagen. Bleibt zu hoffen, dass mindestens die abgedunkelten Lager ins Licht gerückt werden. Die Ankündigung des Afro-Amerikaners Obama, die Bürgerrechte zu achten, klingt glaubwürdiger als aus dem Mund eines Republikaners.