Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Discorsi

„Es taten sich Abgründe auf. Der Geheimdienst sollte terroristische Aktivitäten beeinflusst, vielleicht sogar gesteuert haben? Ich merkte, dass ich doch sehr deutsch war, denn zumindest für die Bundesrepublik hielt ich diese Idee für absurd.“ (Michael Buback „Der zweite Tod meines Vaters“)

Zweifellos war es in den letzten Jahren der radikale „Islamismus“, der aus staatlicher Sicht das größte Bedrohungspotenzial in sich barg. Es galten die alten Einsichten Machiavellis, die in den berühmten „Discorsi“ zu finden sind: „Wenn das Überleben des Landes auf dem Spiel steht, dürfen Überlegungen über Recht und Unrecht, Menschlichkeit und Grausamkeit, Ruhm oder Ehrlosigkeit nicht den Sieg davontragen. Die einzige Frage muss sein: Was rettet Leben und Freiheit des Landes?“. Mit anderen Worten: Dann heiligt der Zweck die Mittel. Das Beispiel „Guantanamo“, mitsamt seines Ausnahmerechts, zeigte nachhaltig, dass Demokratie und Lager in solch ernsten Lagen kein Widerspruch sein muss.

Die praktische Bedrohung des deutschen Staates, längst hochgerüstet zum Sicherheitsstaat, durch eine politische Ideologie ist eine eher fragwürdige Theorie. Noch immer beschreibt sich der Staat gerne, trotz eines gewaltigen Apparates, als zerbrechlich. Der Terrorismus der 70er Jahre hat aber nicht nur einen Schock ausgelöst, sondern dem Staat auch immer feinere Überwachungsstrukturen gegeben. Eine Revolte ideologisierter Bürger dürfte heute – nach der technischen Revolution im Sicherheitsbereich – eher eine theoretische Bedrohung darstellen. Zum staatlichen Verfassungsschutz gesellen sich heute auch „privatisierte“ Dienste, die eine private Telefonüberwachung organisieren oder aber virtuelle Akten ins Netz stellen.

Der Bürger hat nur eine kleine „Taschenlampe“, um in die abgedunkelten Bereiche des Staates einzusehen. Von seinen ernüchternden Erfahrungen berichtet Michael Buback in seinem Buch („Der zweite Tod meines Vaters“). Buback, Sohn des 1977 ermordeten Generalbundesanwalts, berichtet auf vielen Seiten über die langsam wachsenden Zweifel am Sicherheitsapparat. Buback entdeckt langsam die unheimliche Nähe zwischen Täter und V-Leuten. Nach seinen Recherchen gibt es für Buback gute Gründe anzunehmen, dass an der Ermordung seines Vaters ein V-Mann(Frau) direkt beteiligt war und dieser Fakt jahrelang bewusst vertuscht wurde. Für Buback bricht auf 360 langen Seiten immer mehr eine Welt zusammen.

Die eigentliche Bedrohung und die Wesensveränderung der modernen Demokratie wurzelt in ihrem Verhältnis zur Ökonomie. Diese Einsicht wächst stetig. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält derzeit Banker für eine größere Bedrohung als Terroristen. „Mal abgesehen von Ihrer journalistischen Zuspitzung machen uns gegenwärtig in der Tat die Banken mehr Sorgen“ , sagte der für seine Sicherheitspolitik oft kritisierte Minister dem Magazin „Stern“. Allerdings gibt es in Deutschland noch keinen Dienst, der den konspirativen Übersee-Aktivitäten von Banken nachforscht.