Die Anschläge und der feige Mord von London haben zu Recht für weltweite Empörung gesorgt. Umstritten ist jedoch die geistige Einordnung des Terrorismus, insbesondere die einfache Gut-Böse Dialektik und die Rede vom „Teuflischen“, die man nun öfters hört. Das Schema ist simpel: Wenn sie absolut böse sind, dann sind wir absolut gut. Diese Denkformen lässt sich beliebig fortsetzen: Sie sind anti-demokratisch, also sind wir demokratisch. Sie nähren den Argwohn in der islamischen Welt, dass der Westen in diesen Feindbildern seine verlorene Identität neu zu stiften versucht.
Nach wie vor ist auch der Sammelbegriff „Islamismus“, unter denen nach wie vor Massenmörder und einfache Gläubige fallen, sehr problematisch. Wer aufmerksam ist, wird bemerken, dass diese Begriffe sich auch dazu eignen, den einfachen Milli Görös Funktionär oder einen orthodox Gläubigen unter das „Böse“ einzuordnen. In dieser Meta-Logik ist klar, dass der „Böse“ auch keine Rechte hat und im besten Fall – recht mittelalterlich – verbannt wird. Wer für das „Gute“ kämpft, neigt natürlich dazu, alle Mittel für die Etablierung des Guten als legitim zu setzen. Was ist schon das Recht (dass der Gute gerne selbst in die Hand nimmt) gegen diese absolute Moral?
Historische Geschehnisse, so bösartig sie sein mögen, laufen nicht im Vakuum ab. Der Terrorismus und sein Ideal der Vernichtung, sein nihilistischer Glaube, dass eine Welt ohne Feinde besser sei, ist ein typisches Kind der Moderne. Der islamische Modernismus hat das im Islam innewohnende Maß, verkörpert im Recht, längst verloren. So agieren die Mörderbanden mit den Thesen eines Ausnahmerechtes und verhöhnen so den Schöpfer.
Der britische Premier Tony Blair weigert sich, zwischen dem militärischen Irak-Engagement seines Landes und den Terroranschlägen in London einen Zusammenhang zu sehen. So liest man in der „Tribune de Genève“ aus Genf am Dienstag:
„Der britische Regierungschef will damit ausdrücken, dass der Westen und seine Werte ganz einfach nur unschuldige Opfer eines Frontalangriffs im Namen einer 'Ideologie des Bösen' geworden wären. (…) Diese klassische Annäherung hat den Vorteil, dass sie den Westen seiner Verantwortung enthebt: In seinen Augen ist El Kaida ebenso wie Hitler kein Produkt unseres Verhaltens. (…) Die Geschichte lehrt uns aber, dass Hitler keine Schicksalsfigur geworden wäre, wenn die Verträge von Versailles nach dem Ersten Weltkrieg von den Deutschen nicht als derartige Erniedrigung erlebt worden wären.
Warum sollten nicht ähnliche Faktoren wie das Schicksal der Palästinenser oder der illegale Einmarsch in den Irak dem Terrorismus Vorschub leisten? Tony Blair hat sich entschieden, dies zu leugnen, und zieht es dabei vor, die eng geschnittene Uniform des Kriegsführers anzulegen.“