Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Istanbul

Ein verregneter Tag am Bosporus. Die Union der NGOs der islamischen Welt hat zu einem Treffen eingeladen. Die im Jahre 2005 registrierte Initiative versammelt über 100 NGOs aus 40 Ländern. Versammlungsleiter Ismail Kahraman betont, dass es angesichts der harmonischen Anwesenheit vieler Muslime aus aller Welt um die islamische Einheit eigentlich nicht so schlecht bestellt sein kann. Die NGOs erfreuen sich auch in der islamischen Welt wachsender Beliebtheit. Unter den Teilnehmern sind auch viele Stiftungen, die von jeher in der islamischen Welt eine immense Bedeutung hatten. Es gab praktisch keinen Ort islamischer Hochzivilisation, wo es nicht auch hunderte dieser Stiftungen gab. Diese Stiftungen operierten zumeist unabhängig von der politischen Großwetterlage. Fehlen sie, dann fehlt es nicht nur automatisch an sozialem Leben, sondern auch an der Balance zwischen ökonomischer oder politischer Macht.

Auf dem Weg zum Freitagsgebet in die großartige Sultan Ahmet Moschee muss ich an die Schilderung eines befreundeten Kenners der Stiftungen denken. Dieser hat mir erzählt, dass es in Istanbul sogar eine Stiftung für verletzte Störche gab, die hier notlanden mussten. Soweit sind wir in Deutschland noch nicht. Hier wäre es schon ein Erfolg, wenn es überhaupt ein paar Stiftungen gäbe, die islamische Infrastruktur fördern und jenseits politischer Absichten den einfachen Interessen der Muslime im Lande dienen.

Zum Besuchsprogramm gehört natürlich auch eine Führung durch den Topkapi Palast. Ganz im Innern der Anlage, die wie ein kleines Dorf wirkt, ist ein Fußabdruck des Propheten Muhammad, Friede sei mit ihm, und andere Religion aufbewahrt. In dem Raum wird seit 400 Jahren der Koran rezitiert. Es ist einer der Orte, an denen man verstehen kann, warum die Beleidigung des Propheten uns Muslime so trifft. „Ich folge den Fußstapfen des Propheten“, so beschreibt Maulana Rumi den Kern der muslimischen Identität.

Die Sultane haben den Schlüssel zur Kammer mit dem Mantel des Propheten übrigens selbst aufbewahrt, den Schlüssel zur Schatzkammer aber Bediensteten übergeben. Die Geheimnisse dieser Stadt sind beinahe unerschöpflich und jeder sieht wie in einem Spiegel, was er sehen kann. Auf jeder Reise nach Istanbul gibt es etwas Neues zu entdecken und die Stadt zwischen Ost und West ist nicht zufällig seit Jahrhunderten Treffpunkt und Anziehungspunkt von Menschen und Kulturen.