Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Abu Bakr Rieger

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Oper

Vorhang auf zu aufregenden Tagen. Pünktlich zur Islamkonferenz bietet die Berliner Oper passende Begleitmusik. Eine Mozart-Aufführung wird aus Sorge um die Reaktionen radikaler Muslime ausgesetzt. Eine Steilvorlage für alle konservativen Politiker, die – in Zeiten leerer Kassen und sozialer Verrohung – nun ihre neue Lieblingsrolle spielen: die Verteidigung des Abendlandes. Der unter Dauerempörung stehende Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach sieht natürlich gerne einen Zusammenhang zwischen der Absetzung, den Ereignissen um die Mohammed-Karikaturen und dem Streit um das Papst-Zitat: „Wenn wir jetzt eine Oper vom Spielplan absetzen, weil wir befürchten, dass der Inhalt missverstanden werden könnte, und ich füge hinzu, viele könnten ihn möglicherweise bewusst missverstehen, dann ist das die falsche Reaktion auf die Debatten, die wir in diesem Jahr geführt haben“, sagte Bosbach. Er warnte davor, sich aus Sorge, in islamischen Ländern heiligen Zorn hervorzurufen, „Selbstzensur“ aufzuerlegen.

Ein Tag zuvor wurde in Castelgandolfo inszeniert. Die Fernsehbilder zeigten den Audienz gebenden Papst in herrschaftlichem Ambiente. Ihr Kinderlein kommet. Eingeladene Diplomaten ungeklärter Herkunft und Glaubenstiefe, die wohl schon aus Berufsgründen kommen mussten, ergaben das gewünschte Bild des immer bereiten Dialogs für die Weltmedien. Ähnlich wie bei der Islamkonferenz ist die Regie dabei in fester Hand und stets sichtbar von „oben nach unten“ geführt. Der Kirchenkritiker Eugen Drewermann sieht auch nach dem Treffen von Papst Benedikt XVI. mit Vertretern muslimischer Länder keinen Wandel im Dialog mit dem Islam. „Der Papst setzt sich hin und liest ein Papier vor – das ist doch kein Dialog“, sagte Drewermann, und: „Ich habe noch nie erlebt, dass ein Papst als einer unter gleichen zwischen Muslimen gesessen hat, um zuzuhören.“ Für ihn ist der basisdemokratische Islam eine Provokation für den zutiefst undemokratischen politischen Katholizismus.

Drewermann warf Benedikt XVI. vor, das umstrittene Zitat seiner Rede in Regensburg mit Bedacht gewählt zu haben. Die merkwürdige Übereinkunft neokonservativer Überzeugungen in Deutschland, dies wurde auch beim Papst-Besuch in Bayern deutlich, schließt inzwischen Medien wie den SPIEGEL, die CSU und eben den Papst zusammen. Man trifft sich in der Überzeugung, dass nur ein „autoritärer“ Kapitalismus den Stürmen der Weltmärkte gewappnet sein wird. Für den nach konservativem Profil ringenden, aber doch eher technokratisch wirkenden CSU-Landeschef Stoiber ist der Papst ein Geschenk des Himmels. Kritische Worte des Papstes, die an die lokalen Machthaber gerichtet gewesen wären, wurden nicht überliefert. Stattdessen hilft der Papst mit, dass die politische Führung Bayerns sich im Lichte des Christentums sonnen kann. Dabei denkt der Papst wohl auch ökonomisch im Sinne von Standortvorteilen: Aus dem Besuch gehen alle Vorurteile gegen den Islam gestärkt hervor.