Schaikh Moulay Al-‚Arabi Ad-Darqawi lebte von ca. 1150 n.d.H. bis 1235 n.d.H. in der Nähe von Fez (Marokko) und ist der Namensgeber der bekannten Qadiri-Schadhili-Darqawi-Tariqat, die heute weltweit Zentren unterhält. Berühmt ist er durch seine Briefe an seine Schüler, die voller alltäglich-praktischer Anweisungen sind, für diejenigen, die unter Führung eines Schaikhs Wissen von Allah wa ta’ala und Seiner Schöpfung suchen.
Beispielsweise heißt es im ersten Brief:
Teil der Lehre, die ich demjenigen anempfehle, der mit mir verbunden ist, besteht in der Einhaltung der Pflichtgebete und der Bestätigung der Sunna. Er sollte seinen Körper auch stets frei von Schmutz halten – bzw. genauer: frei von seinen eigenen Unreinheiten, z.B. vom Haar der Geschlechtsorgane und Achselhöhlen, von Finger- und Fußnägeln – er sollte auch auf die Sauberkeit seiner Kleider und seines Aufenthaltsorts achten. Er sollte sich von allem abwenden, was ihn nichts angeht und er sollte sich von allen Urinspuren säubern. Er sollte sich solange darum kümmern, bis er sich dessen vergewissert hat oder bis sein Herz beruhigt ist, dass sein Urin vollständig von ihm entfernt ist. Er sollte sich von der Befolgung der Sinne abwenden, wie auch von allen Gewohnheiten und Begierden. Er sollte dies nicht als unwahrscheinlich oder seltsam ansehen:
Das Selbst ist wie ein Kind. Wenn man es vernachlässigt, so wächst es heran in Liebe zum Säugen. Wenn man es entwöhnt, so ist es entwöhnt.
Das ist, was Allahs Wali, Sajjidi Al-Busayri, möge Allah mit ihm zufrieden sein, in seiner Burda gesagt hat. Es ist auch das, was der erhabene Schaikh, Allah ta’alas Wali, Sajjidi Ibn ‚Ata’Illah in seinem Hikam gesagt hat: „Wer es seltsam findet, dass Allah ihn von seinen Begierden errettet und ihn hinaus führt aus seiner Nachlässigkeit, der hält die göttliche Macht für gering – und Allah hat die Macht über alle Dinge.“
Wir denken, dass ihm die verpflichtenden Dinge genug sind, wenn sie von den erwähnten Umständen begleitet werden. Sie werden ihn sehr bereichern. Viele Handlungen sind ihm nicht genug, wenn er nicht das hat, was wir erwähnten. Nichtsdestotrotz empfehlen wir es ihm an, dass er die verpflichtenden Handlungen und die freiwilligen guten Handlungen, die durch die Sunna bestätigt werden, vollbringt. Allah gibt Erfolg.
In einem weiteren Brief liest man folgenden Rat:
Wenn du auf dem Weg rasch vorankommen und sofort zur Verwirklichung gelangen willst, so musst du die Pflichtgebete und das, was von freiwilligen guten Handlungen bestätigt ist, vollziehen. Du solltest dir äußeres Wissen aneignen, wie dies notwendig ist, da unser Herr nur dadurch angebetet wird. Betreibe es jedoch nicht zu lange, da es nicht wünschenswert ist, dass du zu tief darin eindringst. Wünschenswert ist dein tiefes Eindringen in das Innere. Widersetze dich deiner Leidenschaft und deinen Launen. Tust du das, so wirst du Wunder sehen. Guter Charakter heißt: Sufismus mit den Sufis und (die Beschäftigung mit dem) Dien bei den Leuten des Diens.
Du solltest immer aus der Sinneswelt fliehen, denn sie ist das Gegenteil der Bedeutungen. Zwei Gegensätze verbinden sich nicht miteinander. Sobald du die Sinneswelt stärkst, schwächst du die Bedeutungen, und sobald du die Bedeutungen stärkst, schwächst du die Sinne. Höre, was unserem Meister zu Beginn seiner Angelegenheit widerfuhr, möge Allah zufrieden mit ihm sein. Er hatte drei Scheffel Weizen gedroschen und teilte dies seinem Meister, Sajjidi Al-‚Arabi bin Abdillah, mit. Der sprach zu ihm: „Stärkst du die Sinne, so schwächst du deine Bedeutungen. Schwächst du deine Sinne, so stärkst du deine Bedeutungen.“ Die Sache ist eindeutig, denn selbst wenn du die Menschen lange Zeit gerochen hast, so wirst du bei ihnen trotzdem niemals einen Hauch des Duftes der Bedeutungen bei ihnen aufschnappen. Du riechst immer nur den Geruch des Schweißes bei ihnen. Und zwar weil die Sinneswelt sie völlig überwältigt hat. Sie hat ihre Herzen und Glieder ergriffen. Sie glauben ihr Nutzen liegt darin, deshalb stürzen sie sich hinein und gehen ganz darin auf. Sie beschäftigen sich nur damit und sind nur darin zufrieden. Sie können sich überhaupt nicht mehr davon trennen. Trotzdem haben sich eine große Anzahl von Menschen davon getrennt, um sich durch ihre Trennung von ihr für den Rest ihres Lebens in die Bedeutungen zu versenken, möge Allah mit ihnen zufrieden sein und gebe Er uns den Nutzen ihrer Baraka. Amin. Amin. Amin. Es ist beinahe so, als ob Allah ta’ala ihnen keine Bedeutungen gegeben hätte, obschon jeder von ihnen seinen Anteil darin hat, so wie die Meere Wellen haben. Hätten sie dies gewusst, (36) so hätte die Sinneswelt sie nicht von den Bedeutungen abgelenkt. Hätten sie dies gewusst, so hätten sie gesehen, dass in ihnen Meere ohne Küsten sind. Allah ist die Autorität für das, was ich sage.