Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Über die FED und anderes

Bekannterweise lässt sich mit ökonomischen Themen keine „Auflage“ machen. Nur: Ohne eine Analyse der herrschenden ökonomischen Verhältnisse lässt sich auch kein sinnvolles Urteil über die demokratische Kultur fällen. Dabei führt eine monokausale Schuldzuweisung an eine einzelne Institution (FED) oder gar der wirre Glaube an hinter den Kulissen agierende „Drahtzieher“ komplett in die Irre, weil sie das Phänomen der modernen Finanztechnik nicht wirklich versteht.

Genauso bleibt die Reflektion über den Islam ohne das Verstehen seiner ökonomischen und sozialen Zusammenhänge notwendigerweise bruchstückhaft. Das Zinsverbot ist dabei nur ein Element in einem größeren, ökonomischen Modell, dass über Jahrhunderte seine Spuren hinterließ und sich der Assoziation mit den Machenschaften moderner Ideologien natürlich komplett entzieht.

Die eigentliche Basis des islamischen Lebens hat unlängst der Gelehrte Benedikt Koehler in einem Vortrag auf Einladung des Legatum Institutes hervorragend freigelegt. In seinen Überlegungen über den „frühen Islam und den Kapitalismus“ wird deutlich, wie wichtig für die Expansion und Dynamik des frühen Islam die Rolle der Frauen, der Stiftungen, der Märkte und auch der islamischen Goldwährung war.

Die Dynamik der islamischen Expansion besteht darin, dass grundlegende ökonomische und soziale Notwendigkeiten in der Gemeinschaft des Propheten erkannt wurden. Das gemeinsame Handeln war daher keine Marginalie, sondern vielmehr eine Priorität. Der Islam ist so nicht etwa anti-kapitalistisch, sondern bestätigt das private Eigentum sowie das Gewinnstreben des Einzelnen und etabliert mit seinen zahlreichen Einschränkungen dem Grunde nach einen Kapitalismus mit Maß.

Der Einsatz für eine freie Marktwirtschaft ist derart unter normalen Bedingungen eine natürliche Grundaktivität der islamischen Gemeinde. Der – so genannte – moderne Salafismus übrigens, der sich den ersten Generationen ja ausgesprochen nahe fühlt, hat dieses Grundphänomen und seine sozialen Implikationen noch nicht einmal erahnt, geschweige denn in irgendeiner Weise nachgeahmt.

Das strukturelle Vereinsleben – dass uns heute bevorzugt beherrscht – mit seinen hierarchischen Kontrollfunktionen „von oben nach unten“ sowie seiner Auslagerung islamischer Dienstleistungen in Gesellschaften mit beschränkter Haftung muss man de facto als ein Gegenentwurf zum ursprünglichen Modell verstehen.