Im Welt-Interview spricht Umberto Eco über gesellschaftliche Strategien jenseits des simplen Entweder-Oder. Eco über das Kopftuch und seine Wirkungen an der Schule:
„Es geht nicht darum, ob jemand schwarz oder weiß ist. Ich habe einen Artikel über eine Angelegenheit hier in Mailand geschrieben. Eine Gruppe ägyptischer Eltern wollte ihre Kinder nur auf das italienische Gymnasium schicken, wenn separate Klassen für sie eingerichtet werden. Das steht sämtlichen Vorstellungen von Integration, Demokratie und Respekt dem anderen gegenüber entgegen, denn die Ägypter haben das Recht zu sehen, wie Italiener leben und andersherum genauso. Die Schule hat den Wunsch akzeptiert, aber es gab einen Aufstand unter den Eltern, schließlich musste die Schule das Angebot zurücknehmen. Die Ägypter werden eine Privatschule gründen. Das Prinzip des Verhandelns hätte darin bestanden, ihnen zu sagen, gut, für ein oder zwei Jahre gibt es getrennte Klassen, aber ihr bemüht euch, unsere Kultur kennen zu lernen. Da man sich einer Verhandlung verweigert hat, wurden alle Chancen verspielt. Jetzt wird es eine Privatschule geben, und am Ende haben wir demnächst schiitische, sunnitische, protestantische, orthodoxe und atheistische Privatschulen. Auf diese Weise verhindert man Integration. Ich befürchte, dass die Kopftuchfrage in Frankreich zu einem ähnlichen Konflikt führen wird, auch wenn ich die alten Ideale verstehe, aus denen heraus das Kopftuchverbot ausgesprochen wurde. Vielleicht hätte man auch dort verhandeln müssen. Verhandlungen sind das, was auf dem orientalischen Bazar passiert, simple Tauschgeschäfte. Du willst 100 haben, ich biete dir 50 an, du gehst auf 90, ich will dir 60 geben und wir einigen uns auf 70, ich habe ein bisschen mehr bezahlt und du hast etwas weniger verdient, aber am Ende sind wir beide ganz gut weggekommen. „