Wie aus der Waschmaschine!
Das ist ein blödes Bild, zugegeben. Aber wenn man aus Mekka zurückkehrt, fehlt es eine ganze Weile an passenden Worten, und natürlich will man auf die Frage nach der eigenen Befindlichkeit weder stumm bleiben, noch eine Antwort schuldig bleiben. Man muss sich auch bei Freunden nicht wirklich schämen, wenn im Lichte größerer Eindrücke die an die Alltäglichkeit verlorene Sprache zu versagen scheint. Und hat das Kreisen um die Ka’ba nicht wirklich etwas von einer Waschmaschine? Da wäre zunächst diese sonderbare Kreisbewegung, in die man sich harmonisch einfügt und die einem europäischen Geist, der gerne in „für“ und „gegen“ denkt, zu einem Perspektivwechsel verhilft.
Wie heißt es so schön bei Rilke über die Perspektive des kreisenden Adlers: „Ich leb mein Leben in steigenden Ringen, ich weiß nicht ob der nächste mir wird gelingen“. Eine Ankunft hier ist so ein Gelingen. Und tatsächlich, jedes neue Heimkehren an diesen Ort, der das Auflösen der Gegensätze, die sonst mit uns spielen, so leicht vermag, reinigt den Blick und belohnt mit neuen unbekannten Nuancen, die wir hier müheloser als sonst in unserem Sein entdecken.
Wie beruhigend. Man steigt tatsächlich nie in den gleichen Fluss, auch wenn es uns vielleicht schien, als habe alles still gestanden. Ja, sogar das Weiß der Gewänder, das uns alle umhüllt, kann so über die Jahre irgendwie noch weißer erscheinen. Die Kreisbewegung, zusammen mit den Anderen, die sich hier zusammenfinden, hilft, das kleine eigene Zusammenspiel von Absichten und Hoffnungen, das man ja in sich trägt, nicht zu wichtig zu nehmen. Der Gedanke, um sich allein zu kreisen, ist furchtbar. Das heißt nicht, dass es keine Einsamkeit gibt, aber hier, an diesem Ort, werden eben größere Sorgen als die Eigenen abgeladen.
Nirgendwo ist so klar, dass der Mensch im gleichen Boot sitzt und unabhängig vom persönlichen Seegang das alte versöhnliche Grundgesetz des Meeres, das aus einfachem Vergehen und Werden besteht, für uns alle gilt. Und an den Zeiten, wo der kreisende Strom unterbricht, gehen von hier Wellen aus und kehren zurück, die uns versichern, dass es eine Verbindung mit Millionen anderen gibt, mit denen wir auch verbunden sind, ohne dass wir hier je Schulter an Schulter aneinanderstoßen werden.
Dieses gilt nicht nur im Jetzt. An den Fußstapfen älterer, ehrenvoller Propheten erkennen wir auch eine tiefe Verbindung mit der Wahrheit vergangener Kreisläufe. Wenn wir uns dort verbeugen, sind wir endgültig ganz verortet, im Fluss menschlichen Wirkens.
Natürlich hört und sieht man immer seiner Zeit entsprechend. Auch hier, wie mir ein betender Geschäftsmann mit verzücktem Ausdruck mitteilte, nämlich am teuersten Immobilienstandort der Welt, dreht sich das Rad dieser Zeit und wachsen Türme in den Himmel. Warum sollten wir auch nicht, am innersten Ort unserer Existenz, auf die Zeichen äußerster Amaßung stoßen? Wie langweilig und sinnlos wäre unsere Existenz, wenn uns nicht mit Hinweisen gedient wäre, die dynamischen Gesetze des Zerfalls von Innen und Außen, im Sinne atemberaubender Gegensätze und Widersprüche, gleichzeitig in uns zu erfahren.