Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Wesensverwandtschaft

Der Konflikt im Libanon wird heute so professionell wie faktenreich in den Medien präsentiert. Die Mischung aus Internet, Printmedien und Fernsehen moderiert den unsichtbaren Kampf um die öffentliche Meinung. Alle Informationen und Bewertungen, die alle irgendwie richtig, aber auch erklärterweise immer subjektiv und daher niemals nachvollziehbar wahr sein können, schaffen die Relativierung jeder Möglichkeit von Wahrheit und damit jeder geistigen Konsequenz. Da alles irgendwie richtig aber auch irgendwie falsch ist und keiner wirklich „Recht“, soll uns nur die indifferente Haltung des passiven Zuschauers bleiben.

Die Flut der Bilder und Quellen, einschließlich geschickt gestreuter Fehlinformation, machen es dem modernen Zuschauer, der die Konsequenz an „nichts mehr zu glauben“ meiden will, möglich, sich „seine persönliche Wirklichkeit“ per Mausklick zusammenzustellen. Ohne die Not und die Erfahrung, dass es keine bindende Wahrheit mehr gibt, kann sich auch nichts mehr Bedeutungsvolles offenbaren.

Es Anstehen grob gesagt vier Gruppen: Die Gläubigen, die das Geschehen aus der Offenbarung heraus interpretieren, die Überzeugten, die ihre subjektive Haltung aus der Ideologie nähren, die Beobachter, die sich auf eine neutrale Richterposition zurückziehen und die ganz und gar Gleichgültigen. Nebenbei zeichnet sich hinter den Rauchschwaden der Akteure und den Meinungen der Gruppierungen aus dem politischen Feld eine dritte Macht ab: die Kriegswirtschaft, die Medien, die Ölindustrie, die „konfessionsunabhängig“ auch aus diesem politischen Geschehen ihre Gewinne abziehen. Sie bilden die globale Ökonomie und schaffen den geschichtlichen Raum, der dem antiquierten blutigen Kampf um „souveräne“ Nationalstaaten jeden Sinn raubt.

Der Konflikt ist kein islamisch-jüdischer Glaubenskrieg. Weder genießt die Hizbollah die Unterstützung DER Muslime noch Israel die Unterstützung DER Juden. Wahr ist allerdings, dass auf beiden Seiten, wenn auch in asymmetrischem Umfang, unschuldige Muslime und Juden sterben. Auffallend sind auch die Wesensverwandtschaften der angeblich extrem verschiedenen Kriegsparteien:

– Beide agieren auf Grundlage selbsterklärten Ausnahmerechts. Für Israel ist das internationale, für die Hisbollah das islamische Recht eine dem politischen Willen untergeordnete Größe. Der Zweck heiligt die Mittel auf beiden Seiten.

– Kriegstechnik ist für beide Seiten eine Technik des Machterhalts, die grundsätzlich bis zu jeder Vernichtungsstufe legitim einsetzbar ist, ohne die eigene geistige Substanz, Religion oder Wertekonstellation entscheidend in Frage zu stellen.

– Beide Parteien haben als Minderheit der Region keinen dauerhaften Nomos zu bieten und hängen nicht unerheblich in ihrer Bedeutung von „Kriegswirtschaft“ und „Ausnahmezustand“ ab. Die Vernichtung des politischen Feindes stellt die einzig denkbare Lösung dar und macht die jeweilige Welt „besser“.