Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Abu Bakr Rieger

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Alternativ-UNO

„It doesn´t need to be a democracy, just secure“ (Natovertreter)

„….Verwundert hat mich, dass die zwei Drei-Gänge-Menüs, zu denen ich geladen war, von zwei Rüstungsfirmen, von EADS und Krauss-Maffei, gesponsert waren. Da hätte es doch sicher andere Möglichkeiten gegeben. Und auch ganz allgemein war die Rüstungsindustrie stark vertreten. Entsetzt war ich über den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der in der hochkarätigsten Veranstaltung am Samstagvormittag sagte: „Wir brauchen mehr Rüstung und mehr Geld für die Verteidigung, auch wenn die Bevölkerung das nicht einsieht.“ Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel argumentierte andeutungsweise in die gleiche Richtung. Danach hat sich eine Diskussion darüber entsponnen, wie man die Bevölkerung einsichtig machen könnte – ein Ergebnis habe ich daraus allerdings nicht mit nach Hause nehmen können.“ (Thomas Mohr, Teilnehmer der SiKo in der Sueddeutschen Zeitung)

Was ist der Sinn und Zweck der künftigen NATO? Um diese Frage ging es bei der „Sicherheitskonferenz“ in München. Hinter den Kulissen schwanken die politischen Berater noch zwischen diversen Optionen: für die Einen ist die NATO veraltet und ein Kind des kalten Krieges, für die Anderen soll sie langfristig als „Bündnis der Demokratien“ globale Aufgaben wahrnehmen und die lästige Patt-Situation im UN-Sicherheitsrat überwinden.

Die zweite Variante wäre nichts anderes als die Etablierung einer Alternativ-UNO und eine direkte Kampfansage an die bisherige Rolle der UN. Die Idee zeigt auch eine Kontinuität im außenpolitischen Denken der Amerikaner. In den USA hatte der Republikaner McCain für die neue Demokratie-Liga geworben, aber auch Berater des neuen Präsidenten Obama plädieren heute längst für eine neue globale Rolle der NATO.

Mittelfristig könnte sogar eine Art NATO-„Gewohnheitsrecht“ das alte, UN-gebundene Völkerrecht ablösen. Denn, so liest man es im „Princeton Project“, einer Arbeitsgruppe unter Führung des neuen Obama-Beraters Anthony Lake, das neue Demokratiebündnis solle auch an der UN vorbei über legitime Militäreinsätze entscheiden können. Kritiker sehen bereits in der NATO einen „Klub der Reichen“, der die geopolitischen Interessen („Neokonservativismus mit menschlichem Antlitz“) einiger Industriestaaten absichert.

Das Wort Sicherheit bekommt dabei in der Innen- und Außenpolitik eine dominante, beinahe magische Funktion. In beiden Anwendungsfällen lebt die Sicherheitsdoktrin auf Kosten der Freiheit. Der Inhalt von „Sicherheit“ ist bewußt offen gehalten und unbestimmt. US-Vizepräsident Biden hatte darüberhinaus „physische Sicherheit“ und „wirtschaftliche Sicherheit“ klar miteinander verknüpft – mit anderen Worten: Für die NATO ist auch der freie Zugang zu den Energieressourcen dieser Welt eine Frage der Sicherheit. Das heißt nichts anders, als die „legitime“ Beschränkung der staatlichen Souveränität von Staaten, die über die lebenswichtigen Energiereserven verfügen.

Besonders die Rolle der NATO in Afghanistan und im Irak definiert auch das künftige Verhältnis der NATO zur islamischen Welt. US-Vize Biden sprach in München allerdings nicht über die US-Lager in der Region, die an Willkür Guantanamo in nichts nachstehen sollen. Grundsätzlich vermischen sich in der Afghanistan-Strategie nach wie vor Ziele des „Krieges gegen den Terror“, die knallharten Interessen der beteiligten Rüstungsindustrie und profane geopolitische Absichten.

In Afghanistan sollen jetzt zivile Projekte die Sympathiewerte der Alliierten erhöhen, später sollen – nach entsprechender Ausbildung der Bevölkerung – demokratische Institutionen folgen. Das erste Opfer der „Change“-Politik und ihres ergebnisorientierten Demokratieverständnisses könnte der afghanische Präsident Karsai sein. Karsai hatte auf der Konferenz die hohe Zahl der zivilen Opfer angesprochen. Außerdem hatte Karsai angedeutet, er könnte seine Armee auch mit Hilfe Russlands aufbauen. Diese Aussage sorgt die USA, denn nur mit Argwohn verfolgt man das gesteigerte militärische Engagement der Russen in Zentralasien.