Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

„Aufregende Nachrichten über Muslime“

Foto: Malik Basso

(iz). Genau wie Leo Messi wurde der spanische Filmemacher Matias Basso in Argentinien geboren und wuchs in Barcelona auf. Während er Filmwissenschaften studierte, schrieb und drehte er einen auf einer Geschichte von Rumi beruhenden Kurzfilm, der 2000 den BBC-Talentpreis gewann. Einer seiner Dokumentarfilme, „MOSAIC“, wurde für das Dokumentarfilmfestival von Al Jazeera International ausgewählt und für den Freiheits- und Menschenrechtspreis nominiert. 2011 erhielt er als Drehbuchautor einen Muslim Writers Award.

Jüngst beendete er eine Dokumentation über die Dinar-Bewegung in Südostasien, an der sich der Sender Al Jazeera beteiligte. In Granada betreibt er eine Produktions- und Medienfirma. Seine Dokumentation „Dinar Movement“ wurde mittlerweile auf dem international Filmfestival in Kazan (Tatarstan) gezeigt.

Frage: Wie entwickelte sich Ihre Idee für einen Film über die Dinar-Bewegung?

Matias Basso: Ich kam mit der Bewegung kurz nach ihrem Entstehen in den 1990er Jahren in Kontakt. Obwohl Münzen hier und dort geprägt wurden, blieb diese Bewegung in meinem Verständnis mehrheitlich im Bereich der Ideen. Die Inspiration für den Film kam mir nach einer Präsentation der Dinar-Aktivitäten in Jakarta auf einer Konferenz in Kapstadt.

In ihrer Präsentation sprachen die indonesischen Aktivisten nicht so sehr über ihre Pläne oder Hoffnungen, sondern eineinhalb Stunden darüber, was sie tatsächlich machen, wie der Dinar zur Wirklichkeit auf den Straßen Jakartas wurde, wie die Leute Silber für ihre täglichen Einkäufe nutzen, aber auch den Armen halfen, das Brautgeld bezahlten… Dieses Event in Kapstadt, der Bericht einer Geschichte im Entstehen, inspirierte mich, etwas zu tun. Ich wollte ein funktionierende Modell kommunizieren, an dem andere teilhaben können.

Frage: War es schwierig, einen Partner zu finden? Wann schloss sich Al Jazeera an?

Matias Basso: Es ist immer schwierig, Partner für Dokumentarfilme zu finden. Und niemand in den Mainstreammedien will gute oder aufregende Nachrichten über die Muslime oder Islam hören. Das Thema des ökonomischen Aktivismus geht vielen gegen den Strich. Für die meisten Sender ist es ein schwieriges Thema, weil sie am Ende des Tages von den Banken finanziert werden und vom System als Ganzen abhängig sind.

Aber einer meiner Filme wurde ausgesucht, um auf dem Internationalen Festival von Al Jazeera für Dokumentarfilme in Doha gezeigt zu werden. Und er wurde für einen prestigeträchtigen Preis nominiert. So ergab sich die Gelegenheit, dass ich die Idee dem Produktionsteam von Al Jazeera für Dokumentationen vorstellen konnte.

Es war meine Überzeugung, dass ich nur eine Chance hatte, Unterstützung für den Dinar-Film zu finden – wegen der gemeinsamen Grundlagen und Interessen mit diesem spezifischen Sender. Nabeel Otaibi, Direktor der Produktionsabteilung, sprang auf die Idee an und auch die restlichen Produzenten waren sehr empfänglich dafür, da sie noch niemals von dieser Bewegung gehört hatten. Also kamen sie als Koproduzenten von Garnata Media mit an Bord.

Frage: Was ist für Sie die Bedeutung Ihres Films?

Matias Basso: Die gegenwärtige Krise lässt niemand unberührt. Einige Dokumentationen spielten eine wichtige Rolle in der Bloßlegung unserer Lage als Ergebnis eine außer Kontrolle geratenen Finanzoffensive – und nicht als Unfall. Filme wie „The Shock Doctrine“ (basierend auf dem Buch von Naomie Klein, 2010) bieten einen anderen Blick auf die ökonomische Geschichte. Sie zerschlagen die Vorstellung, dass die freien Marktwirtschaften auf demokratische Weise triumphierten. „The Inside Job“ (Charles Fergusson, 2010) hilft uns dabei, die gegenwärtige Lage zu verstehen, identifiziert die Verantwortlichen und die Methoden, die dem Finanzdesaster vorangingen.

Es gibt also verschiedene Kritiken am System, aber es werden keine klaren Alternativen vorgestellt. Unser Film betrachtet die wirkliche ökonomische Alternative zum Kapitalismus: Ein innovatives und doch traditionelles ökonomisches Model, das vergessen war; begraben in den Wurzeln des muslimischen Rechts. Aber jetzt lässt es Zeichen der Stärke erkennen und stellt einen tatsächlichen Ausweg aus dieser räuberischen Bankingkultur dar.

Frage: Der Film wurde in Tatarstan gezeigt. Wie wurde er vom Publikum aufgenommen?

Matias Basso: Es war überwältigend. Die Leute waren enorm beeindruckt. Russland machte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Erfahrung, dass seine Währung nach einer zerstörerischen Hyperinflation kollabierte. Übernacht war das Geld nichts mehr wert. Daher sind die Effekte von diesem Chaos und Elend den Leuten immer noch sehr gegenwärtig.

Ich bat Abdalghany Auyeskhanov, den Hauptcharakter des Films, nach Kazan zu kommen, weil ich wusste, dass sich alle Fragen um den Dinar drehen würden. Am Ende war ich froh darüber, denn die Leute fingen an sehr wichtige und intelligente Fragen zu stellen. Auch eineinhalb Stunden nach Ende des Films konnten wir das Gebäude nicht verlassen. Leite Leute stellten mehr Fragen, wollten sich beteiligen und wollten sogar Autogramme von Abdalghany. Er ist ein Großer in Kazan!

Frage: Stellen die Themen Dinar, Geld etc. eine Herausforderung für Filmemacher, Kühnster usw. dar?

Matias Basso: Ich würde meinen Film nicht Kunst nennen wollen, aber er ist mein Versuch, etwas zu vermitteln, das für die Menschen von Nutzen sein könnte. Kunst reflektiert den Mythos der Leute. Sie existiert, um sie zu verteidigen und zu inspirieren. Es gibt immer einen Platz, eine Notwendigkeit dafür, dass diese Art von Filmen gemacht wird.

Ich glaube nicht an bloße Unterhaltung. Künstler können und müssen kämpfen. Einerseits können sie die Mächtigen und Korrupten bloßstellen, aber andererseits Schätze freilegen, an denen sich die Leute auch erfreuen können. Befinden wir uns in Zeiten einer tiefgreifenden Krise und Chaos, dann werden aufrichtige Künstler eine massive Rolle bei der Erschließung neuer Möglichkeiten spielen. Sie können die Menschen inspirieren, anders zu leben und ihre Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen. Ich glaube, dass der wahre Künstler wie das Kind ist, welches schreit, dass der Kaiser keine Kleider trägt! Er verweist auf das Wirkliche und Authentische.