Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

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Im Namen der Anklage

„Es klingt wie eine unglaubliche Geschichte, doch andererseits scheint vieles möglich in einer Stadt, in der einer der vermeintlich meistgesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrecher der Welt angeblich jahrelang mit falschen Papieren als Heilpraktiker wirken konnte, indem er sich einen echten Bart wachsen und das wallende Haar noch etwas üppiger wuchern ließ als zuvor.“ (Michael Martens, FAZ-Online)

Nach dem 2. Weltkrieg und den Erfahrungen des Holocaust, der systematischen Ermordung der Juden in Europa, sollte in Europa nie mehr die Verfolgung einer religiösen Minderheit möglich sein. Es kam anders. Carla del Pontes Buch „Im Namen der Anklage“ erinnert erneut an ein dunkles Kapitel europäischer Geschichte. Besonders ihre Schilderungen der mühsamen, beinahe einsamen Ermittlungen gegen die Hauptkriegsverbrecher des Bosnienkriegs lassen den Leser sprachlos zurück. Die Europäer, angeblich aus Rücksicht auf die labile politische Lage in Serbien, sind noch immer wenig bemüht, dass General Mladic – wegen seiner Verantwortung für den Genozid in Srebrenica berühmt berüchtigt – endlich verhaftet wird.

Die bosnischen Muslime hatten im Krieg und nach dem Krieg einen hohen Preis bezahlt. Die gnadenlosen Attacken der Serben machten die Muslime in großen Teilflächen Bosniens zur Minderheit, der Dayton Vertrag verhinderte die territoriale Integrität des Landes und die salifitische Unterwanderung der muslimischen Gemeinschaft nach dem Krieg erschwerte, vor allem jungen Leuten und Frauen, den unbeschwerten Zugang zu dem Islam, der der eigentliche Grund für die eigene Verfolgung war. Gottlob gab es bei jungen bosnischen Muslimen nie eine Tendenz zu einem „bosnischen Terrorismus“; im Gegenteil, der muslimische Glaube führte zu einer Mäßigung.

Der Bosnienkrieg ist, wegen seiner zahlreichen komplizierten politischen und juristischen Probleme, noch immer nicht vollständig aufgeklärt. So liest sich ein aktueller Bericht der „Los Angeles Times“ abenteuerlich. Der ehemalige serbische Geheimdienstchef Jovica Stanisic, einer der Strategen der sogenannten „ethnischen Säuberungen“ und in Den Haag als „Kriegsverbrecher“ angeklagt, war nach dem Artikel ein CIA Agent. Der „Balkan James Bond“, er trug immer Sonnenbrille, ist eine dubiose Figur, etablierte Killerkommandos und soll angeblich nebenbei dem CIA in seinen Friedensbemühungen dienlich gewesen sein. Der Fall wirft eine Menge neuer Fragen auf.

Florence Hartmann, die ehemalige Sprecherin der Chefanklägerin des UNO-Kriegsverbrechertribunals Carla del Ponte, veröffentlichte nun weitere Indizien, die auf enge Kontakte von Stanisic mit ausländischen Kollegen hindeuten. Stanisic war von 1991 bis 1996 Geheimdienstchef Serbiens und Jugoslawiens, er galt als Nummer Zwei nach dem Staatschef Slobodan Milosevic. Hartmann erklärte für die Tageszeitung „Blic“, dass Stanisic im Jahr 2005 aus dem Tribunalsgefängnis nicht nur wegen seines schlechten Gesundheitszustandes freigelassen worden sei, sondern auch dank drei Unterstützungsschreiben aus den USA, Frankreich und Großbritannien.

Der aktuelle Innenminister Serbiens, Ivica Dacic, erklärte, dass für ihn die Anführungen, dass der ehemalige Chef des serbischen Sicherheitsdienstes Jovica Stanisic für die CIA gearbeitet habe, ziemlich unglaublich klingen. Dacic erklärte dem serbischen Rundfunk: „Sollte das wahr sein, zeigt das nur, dass alles möglich ist und dass die Ereignisse in Serbien wahrscheinlich auch von außerhalb beeinflusst wurden“.