Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

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Der Mythos von Paris

Foto: Azlan Stocks, Shutterstock

Paris: Die französische Hauptstadt beeinflusst das Denken in der ganzen Welt.

Im 19. Jahrhundert entstand unter der Herrschaft Napoleons III. das Stadtbild des modernen Paris. Jedes Jahr bewundern Millionen Besucher den Eiffelturm, flanieren über die Prachtstraßen, verweilen an den Originalschauplätzen der Französischen Revolution oder wandern in das Künstlerviertel Montmartre.

In den Cafés des Universitätsviertel trafen sich die Künstler, Philosophen, die über die Freiheit, die Revolution, den Surrealismus und Existentialismus debattierten. Es sind diese Männer und Frauen, die den Mythos der Stadt begründen.

Foto: Sorbonne University, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY 2.0

Paris – ein Zentrum der Denkschulen

Karlheinz Stierle hat eine umfassende Geschichte der Paris-Literatur in deutscher Sprache veröffentlicht. Die Bilder- und Bewusstseinsgeschichte der Stadt formt den Typus des modernen Großstadtmenschen.

„Im revolutionären und nachrevolutionären Paris wird das Wissen von der Welt in neue Zirkulationsbahnen gebracht“, schreibt Stierle über die globale Bedeutung dieses geistigen Zentrums.

Immer wieder im Fokus der Denkschulen: das Verhältnis von Existenz und Religion, Demokratie und Ideologie. Paris ist ein kosmopolitisches Zentrum. Ein Besuch der Großen Pariser Moschee gehört zu einem Stadtrundgang.

Die Anlage wurde nach dem ersten Weltkrieg als Dank Frankreichs für den Einsatz muslimischer Soldaten erbaut. Allein in Verdun starben 28.000 von ihnen. Der Blutzoll, den Muslime in beiden Weltkriegen zu tragen hatten, mündete in die Forderung der Kolonialländer, sich von französischer Besatzung zu befreien.

Foto: Maya-Anais Yataghene, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY 2.0/

Und ein Epizentrum des Terrors

Zur neueren Geschichte der Stadt gehören auch die Terroranschläge des Jahres 2015 in Paris. Muslimische Terroristen töteten 130 Menschen in einer Konzerthalle, auf Caféterrassen und vor einem Stadion. Der Schriftsteller Emmanuelle Carrère hat von Beginn an den Prozess verfolgt und unter dem Titel „V13“ seine Erfahrungen veröffentlicht.

Das Buch gibt Einblick in den Zynismus der Täter, die bei dem Terroranschlag umkamen, das tragische Schicksal der Opfer, ihrer Angehörigen und die Rolle der angeklagten Mitläufer. Dem Autor gelingt es, menschliche Abgründe, Hoffnung und Versöhnung und Kritik am Justizsystem in eine Form zu gießen.

So gelingt ihm ein wichtiges Buch, das geeignet ist, eine Debatte über die Aufarbeitung der Hintergründe des internationalen Terrorismus zu stimulieren.

Die ideologischen Debatten an den Universitäten der Stadt haben politische Ideen einer ganzen Generation beeinflusst – nicht nur in Paris, sondern in der ganzen Welt.