Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Abu Bakr Rieger

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Akademie – wozu?

In Berlin wurde unter Federführung der Bundeszentrale für politische Bildung und der langjährigen Ausländerbeauftragten für Berlin, Barbara John, eine Muslimische Akademie gegründet. Dies geschah nach 14-monatigen quasi-geheimen Vorbereitungen und nach einem wenig transparenten Auswahlverfahren. Vorsitzender der Akademie ist Abdulhadi Christian Hoffmann. Für die Akademie gilt wohl hoffentlich nicht das alte süddeutsche Sprichwort: „Wessen Brot ich ess‘, dessen Lied ich sing'“. Die Finanzierung der Akademie, die sich die Arbeit der Akademien der evangelischen und katholischen Kirche zum Vorbild nimmt, wird von der Bundeszentrale für politische Bildung (also dem Innenministerium) getragen. Eigentlich ist die zunehmende äußere Einmischung in die innerislamischen Angelegenheiten der Muslime kein Zufall und ein Resultat des Phlegmas der islamischen Räte. Wenn Muslime eben nicht selbst das Notwendige organisieren – zum Beispiel einen niveauvollen Dialog – dann tun es eben andere.

Im Zentrum der Arbeit der Akademie soll die Auseinandersetzung mit zentralen gesellschaftspolitischen Fragen in Deutschland und Europa aus islamischer Perspektive stehen. So heißt es in Amtsdeutsch, viele Muslime glauben aber, dass hier, mit anderen Worten, die demokratische Gesinnung der Muslime geprüft werden soll. Das wäre zwar auch in Ostdeutschland und anderswo nötig (man denke nur an die dortige Wahlbeteiligung), aber die nach demokratischen Rechten und Beteiligung verlangenden Muslime haben hier Priorität. Überhaupt ist der Schutz der Demokratie längst überfällig. Es fehlt in Deutschland auch an Verfassungsschützern, die die wachsende Monopolisierung der Medien, den Einfluß der Konzerne, die Entmachtung der Parlamente und die Ermächtigung der Parteien beargwöhnen – nun, vielleicht tut dies die Akademie? Mir scheint, die Frage an die Muslime, „ob sie denn auch demokratisch seien?“, ersetzt zunehmend den notwendigen Diskurs der Gesamtgesellschaft, wohin die Demokratie sich in den letzten Jahren denn überhaupt entwickelt…. Im Ergebnis gefährden (und verändern) Islamismus und Kapitalismus längst gleichermaßen die Demokratie.

Auch wenn bisher die bestehenden muslimischen Organisationen nicht in das Projekt involviert wurden, verstehe sich die Akademie nicht als Konkurrenz zu diesen. „Wir treten nicht in Konkurrenz zu den schon bestehenden Organisationen, sondern wollen sie ergänzen“, so der Vorsitzende des Trägervereins, Hoffmann. Es würden keine eigenen Positionen propagiert, sondern eine Plattform geschaffen, auf der sich die gesamte Pluralität muslimischer Standpunkte ausdrücken könne. Die angebliche Positionslosigkeit ist natürlich nicht zutreffend, denn es ist ja eine recht herbe Position, damit indirekt zu unterstellen, die „bestehende Strukturen“ seien für die Akademie nicht „demokratisch“ genug. Oder warum hat man sie und viele engagierte Muslime in Deutschland denn nicht beteiligt? Das undurchsichtige Auswahlverfahren für die Akademie „von oben nach unten“ – so nebenbei bemerkt – entspringt auch nicht gerade dem Ur-Prinzip der Demokratie. Hoffen wir also, dass es sich hier – verwaltungsrechtlich gesprochen – nicht um die Etablierung eines künftigen „Subordinationsverhältnisses“ handelt.