Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Euer Problem!

Foto: Rdsmith, Wikimedia, CC BY-SA 2.5

In der „Wirtschaftswoche“ bringen es Frank Doll und Gerald Cesar ziemlich auf den Punkt: „Notenbanken ruinieren die Weltwirtschaft!“ Natürlich ist diese Nachricht nicht einfach nur technischer Natur und in der Bedeutung einiges mehr als nur die banale Mitteilung eines Börsenkurses: Sie betrifft schließlich das Leben und die Zukunft ganzer Generationen.

Es ist zweifellos die globale Geldpolitik und ihr Vermögen, praktisch grenzenlos Geld zu drucken, die heute das Schicksal ganzer Nationen bestimmt. Die Konsequenzen dieser Einsicht betreffen natürlich auch Muslime in aller Welt und ihrer mehr oder weniger „islamisch“ geprägten Staaten. Die Idee in dieser gut beschriebenen Realität, „Oasen der Glückseligkeit“ zu bilden, ist eine Farce. Es gibt übrigens kein einziges islamisches Land auf der Welt ohne Notenbank; ganz zu schweigen von einer alternativen Geldpolitik.

Kurz vor dem Besuch des türkischen Ministerpräsidenten, Recep Tayyip Erdogan, in Deutschland und dem Aufruf, dass türkische Akademiker schnell ins Wirtschaftswunderland zurückkehren sollen, mehren sich die Zweifel an der Nachhaltigkeit des Wirtschaftswachstums. In der Türkei wird der Mythos der erfolgreichen Inflationsbekämpfung, die Basis des Erfolges der AK Partei, gerade von der harten Wirklichkeit eingeholt. Nur kurze Zeit konnte der wirtschaftliche Erfolg der Schwellenländer die Finanzkrise des Westens hemmen, aber eben nicht auf Dauer die guten alten Gesetze der Mathematik – die uns als letztes Maß bleiben – aushebeln.

Also Aufwachen! Mit dem Wertemodell der USA war nicht nur die globale Etablierung demokratische Grundrechte gemeint, sondern auch der Export der Währungen, die auf „wundersamer Geldvermehrung“ basieren und die bis heute das ganze amerikanische Wirtschaftssystem prägen. In der Wirtschaftswoche wird die Ethik der amerikanischen Geldpolitik insofern treffend bestimmt: „Der Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem!“

Das billige Geld der USA hat die Schwellenländer geflutet und nebenbei steigenden Energie- und Lebensmittelpreise verursacht. Die „Hungeraufstände“ in der arabischen Welt haben nicht etwa in den demokratischen Aufbruch geführt, sondern nur in die Modernisierung der alten Gefängnisse. Inmitten dieses Chaos bleibt der „politische“ Islam in allen seinen Facetten, die das politische Feld eben ermöglicht – also von moderat bis radikal – ökonomisch so blind wie hilflos. Besonders töricht sind dabei die Varianten der politischen Agitation, die den Angriff auf die eigene Wirtschaft als „geheimnisvolle“ Verschwörung einiger Bösewichte deuten, anstatt die Systematik und die Struktur des eigenen Wirtschaftens wirklich in den kritischen Blick zu rücken.

Kein Wunder, dass der politische Islam sich nach wie vor um „Anerkennung, Machtfragen und Kopftücher“ und um die peinliche Romantisierung der „Islamischen Banken“ dreht, aber selten um die Prioritäten der Offenbarung selbst, die ja nicht etwa politische Machenschaften, sondern das Verstehen von Riba, die Etablierung der Zakat und die Freiheit des Handelns als wesentliche Orientierungspunkte setzt.

Es bleibt also die Grundfrage unserer ökonomisch geprägten Zeit: Was ist das Wesen der Finanztechnik? wie verhält sich die Offenbarung zu ihr? Und was bedeutet ihre herausragende Stellung für den Menschen und seinen Anspruch auf Freiheit?