„So gesehen ist mein künstlerischer Ansatz ein äußerst destruktiver, der aber letztendlich auf eine Rückbesinnung und Selbsterkenntnis zielt. Wer hat die Herrschaft über die Zeichen und ihre Wahrnehmung in einem Gemeinwesen?“ (Christoph Faulhaber)
Vor einigen Jahren haben wir in einem Artikel der „Islamischen Zeitung“ den Begriff „privater Verfassungsschutz“ eingeführt. Gemeint waren mit dem Begriff privatisierte Netzwerke, die aus unterschiedlichen Motivationen heraus gegen politisch Andersdenkende oder (angebliche) Verfassungsfeinde recherchieren und agitieren. Hier handelt es sich also nicht um den gewöhnlichen, kritischen Journalismus, der mit offenem Ende recherchiert und beurteilt, sondern eher um „privatisierte“ Aufklärungsarbeit.
Der „private“ Verfassungsschutz kann auch für staatliche Stellen interessant sein, da er über vermeintliche Gegner – ohne lästige verfassungsrechtliche Einschränkungen – Material sammeln und veröffentlichen kann. Das Spektrum der Möglichkeiten des „privaten Verfassungsschutzes“, gerade im Internet, sind weit: Pranger-Internetseiten, pseudo-journalistische Veröffentlichungen, Schaffung von Phantom-Feindbildern, Verbreitung von Assoziationsketten und Denunziationen.
Auch in Amerika werden unter dem Titel „Islamophobia machine“ derartige Machenschaften kritisch diskutiert. Die Washington Post veröffentlichte am 20. Dezember einen wichtigen Bericht dazu mit dem Titel „Monitoring America“.
Die Zeitung untersuchte das Wirken von 3.984 (!) nationalen und lokalen Organisationen, die sich der Aufklärungsarbeit rund um die Terrorismusgefahr gewidmet haben. Immer öfter werden dabei offen islamfeindliche Charaktere als offizielle Berater von Regierungsstellen etabliert. In zwischen soll allein die Datenbank des FBI, die „Verdächtige“ im Land sammelt, bereits über eine Million Namen umfassen. Gefüttert werden diese Datenbanken auch immer öfter von den selbsternannten Experten des „privaten Verfassungsschutzes“.
Bleibt zu hoffen, dass es in Deutschland bald eine breite Debatte über die Folgen des öffentlichen und privaten Überwachungsapparates gibt. Anstöße hierzu gibt auch immer wieder die Kunstszene. Im Band 205 des „Kunstforum“ gibt es ein schönes Interview mit dem genialen Aktionskünstler Christoph Faulhaber („Das Leben als Projekt“). Faulhaber hat die Logik der Überwachungskamera mit erschütternden Ergebnissen gedreht. Auf einer Leiter stehend, machte er Fotos von der BND-Baustelle in Berlin, er filmt Botschaften und schafft als „Mister Security“ Kunst-Sicherheitspersonal. Ohne jede gesetzliche Grundlage wird er dabei von staatlichem Sicherheitspersonal überwacht, eingeschüchtert und registriert. In den USA verlor er 2003 sogar sein Stipendium und geriet selbst unter Terrorverdacht.