Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

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Kelantan-Debatte

Es erinnert ein bisschen an die alten Asterix Hefte… ganz Gallien ist besetzt, aber ein kleines Dorf leistet noch Widerstand. So oder so ähnlich fühlt es sich wohl im Moment für das kleine malaysische Bundesland Kelantan an. Die Ankündigung, Dinar und Dirham als neue Barter-Währung des Landes einzuführen, hat jedenfalls für weltweites Aufsehen gesorgt. Während Europa noch einigermaßen gelähmt nach einem Ausweg aus dem irrationalen Finanzdilemma dieser Tage sucht, handelt das kleine Bundesland bereits.

Inmitten der historischen Finanzkrise und der größten Papiergeldschwemme der Menschheitsgeschichte besinnt sich das kleine Kelantan mit seinen knapp zwei Millionen Einwohnern auf eine alte, anti-inflationäre Tradition. „Land des des Dinar und Dirham“ heißt es nun auf großen Tafeln zur Begrüßung der Gäste am Flughafen. Die Verantwortlichen sehen im Dinar nicht nur eine Rückbindung an die islamischen Überzeugungen der Ökonomie, sondern auch ein taugliches Mittel für die Gestaltung der ökonomischen Zukunft des Landes. Insbesondere die absehbare Geldentwertung aller Papiergeldwährungen drängt die Verantwortlichen dabei zu schnellem Handeln, mit dem alleinigen Ziel, die eigene Bevölkerung besser zu schützen.

Die Finanzstrategie der Regierung ist also nicht nur rückwärtsgewandte Romantik oder gar eine banale Flucht aus der Moderne. Die Fakten sind vielmehr so revolutionär wie einfach. Ab sofort können Staatsbedienstete, wenn sie wollen, ein Viertel ihres Lohnes in Gold und Silber, also in Dinar und Dirham, empfangen und auch ihre monatlichen Wasser und Stromrechnungen damit bezahlen. Der erste Geschäftsmann hat bereits auf der offiziellen Vorstellung des „Kelantan-Dinars“ damit seine Zakat bezahlt. Die Begeisterung auf dem Markt der Hauptstadt ist jedenfalls riesig – beinahe 1.000 Shops haben bereits die Annahme des Dinars angekündigt. Es geht also in Kelantan nicht um das Horten von Gold, sondern um die Zirkulation.

In Malaysia hat damit ein weiteres, spannendes Kapitel der „Währungsdebatte“ begonnen. Seit der ehemalige Premier des Landes, Dr. Mahathir, nach den aggressiven Währungsspekulationen der 90er Jahre den „Gold Dinar“ forderte, ist in Kuala Lumpur das Thema „Gold“ fester Bestandteil der innenpolitischen Debatten. Viele Malayen sehen in der freien Wahl des Geldes ein entscheidendes Freiheitsrecht. Aktuell dreht sich die Kelantan-Debatte um die Frage, ob das Bundesland – so argumentiert beispielsweise die Nationalbank – dabei seine rechtliche Kompetenzen überschritten hat.

Allerdings hat Kelantan nie behauptet, dass der Dinar ein „Legal Tender“, also etwa offizielle Währung Malaysias sei. Im Gegensatz zum südafrikanischen Krügerrand muss man deswegen für den Kelantan Dinar in weiten Teilen der Welt auch Mehrwertsteuer bezahlen. Der im Qur'an erwähnte „Dinar“ ist auch wegen seiner eigenen Geschichte, die bis zu Beginn des Islam zurückreicht, keine „Alternativwährung“ oder überhaupt „Währung“ im modernen Sinne. Der Dinar entzieht sich also ein Stück weit der gewohnten Terminologie.

Die Münzen sind nach islamischen Recht nur ein Gewicht und mit anderen Gütern wie „Reis“ vergleichbar. Im Gegensatz zu modernen Monopol-Währungen besteht im islamischen Markt niemals ein Zwang, „nur“ den Dinar zu benutzen. Datuk Husam Musa, Vorsitzender des staatlichen Plaungskommitees für Finanzen und Wirtschaft, bleibt jedenfalls angesichts der anschwellenden Debatte gelassen: „Verschiedene Berichte, wonach der Dinar zum zweiten Zahlungsmittel Kelantans werden soll, sind inkorrekt und haben Verwirrung gestiftet. Ich kann nicht erkennen, warum diese Frage aufgeblasen wird, nachdem Kelantan den Gebrauch des Dinars eingeführt hatte. Es gibt ihn im Islam von Beginn an“, sagte er gegenüber Medienvertretern.