Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Das grün-schwarze Projekt

Die Parteijugend der Grünen ist erzürnt: die Parteispitze will dem CDU-Entwurf zum Atomausstieg zustimmen. Der jahrzehntelange Gegensatz zwischen Protestpartei und bürgerlichem Establishment würde damit hinfällig und damit auch die auf alte, überkommene Gegensätze aufgebaute deutsche Politik. Das neue, grün-konservative Projekt zeichnet sich bereits als neuer Politikentwurf für die nächste Wahlen am Horizont ab.

Grün-Schwarz soll für die Bündelung der letzten Sehnsüchte der Wohlstandsgesellschaft stehen.

Neben der allgemeinen Ablehnung von jeder Ideologie oder gar einer aggresiven Kriegspolitik, hofft das neue Bürgertum auf eine ökologisch orientierte Umweltpolitik, auf Wohlstand der ohne Kernkraft und ökonomisch motivierte Raubzüge auskommt, auf eine bürgerliche Familien- und wertorientierte Jugendpolitik, nicht zuletzt auch auf eine christlich-konservative Identität, die in einer globalisierten Gesellschaft künftig Heimat vermitteln soll.

Die heile Welt dieses Projektes wird allerdings durch die aktuelle Griechendlandkrise und die damit verbundenen realen Ängste konterkarriert und in Frage gestellt. Die Grünen und die Konservativen sind durch den Traum einer profitablen, aber „guten“ Technik verbunden, eines andauernden Fortschrittes, der viel frischen Wind in die Segel bringen soll. Das neue Wachstum soll dann eines Tages die alten, nationalen Schulden bezahlen. Der gewaltigen Eigendynamik der globalisierten Finanztechnik haben diese Entwürfe relativ wenig entgegenzusetzen.

Mit dem Problem in Athen sind im Grunde alle Widersprüche der Tagespolitik, zwischen den vorgestellten Machtzentren von Politik und Ökonomie, symbolisch verknüpft. Angela Merkel verkündete nach dem Treffen mit dem französischen Präsidenten Sarkozy den desillusionierenden Leitgedanken der europäischen Finanzpolitik: private Gläubiger, wie beispielsweise die Banken, werden „freiwillig“, die Steuerzahler aber zur Rettung Griechenlands „zwangsverpflichtet“. Im Kern, so die Rechtfertigung Merkels, lasse die Rettung des Euros, der als Finanzstruktur den Bankrott Griechenlands angeblich nicht verkraften könnte, keine Wahl.

Das Lösungsmodell zur Finanzkrise fordert natürlich jenseits der alten Parteigrenzen die Vernunft heraus. Die Griechen werden mit dem Import von Olivenöl kaum ihre titanischen Schuldenberge finanzieren können! Weitere Schuldner in Südeuropa lassen für die Eurorettung sowieso das Schlimmste ahnen. Allein die zu bezahlenden Zinssätze sind rechnerisch nicht mehr zu bewältigen. Wer denkt unter diesen Umständen zumindest in Ansätzen gegen den Strom?

Als Gegenspieler der bisherigen bürgerlichen Finanzpolitik profiliert sich immer wieder der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler. Seine Beiträge geben wichtige Impulse zur Lösung des sich abzeichnenden Finanzdramas. Nüchtern wie ein Kellner rechnet der FDP-ler heute in der „WirtschaftsWoche“ vor, dass Griechenland jedes Jahr de facto etwa 30 Milliarden neue Schulden machen muss. Eine Umschuldung der griechischen Verpflichtungen wäre also schlicht das einzig vernünftige Lösungsmodell – zumindest für eine kurze Atempause. Die „Geldfrage“ ist natürlich auch durch eine Umschuldung nicht gelöst.

Das finanzpolitische Denken Schäfflers verkörpert einen „liberalen“ Ansatz. Schäffler fordert er die Befreiung der Zahlungsmittel aus staatlicher Bevormundung und spricht auch offen über das Fundamentalproblem unseres Wirtschaftssystems, dem einseitig verliehenen Recht der Banken immer neues „Geld aus dem Nichts“ zu schaffen. Ein grundsätzlicher Widerspruch zwischen Realität und Fiktion, ein Abgrund, der übrigens auch die – sogenannte – „islamische“ Bank natürlich nicht überwinden kann.