Auf Einladung des Königs von Marrokko verbrachte ich einige Tage in Marrakesch. Das Königshaus hatte über 1.500 Gäste zu einer Konferenz über die Rolle des Sufismus in der Moderne geladen. Seit einigen, schmerzhaften Erfahrungen mit den Auswüchsen moderner Ideologie besinnt sich Marrokko auf die jahrhundertealte Tradition des Landes. Der König schützt dabei auch die korrekten Sufi-Tariqats aus dem Land und anderswo. Die Einsicht: Muslime, korrekt ausgebildet in Tassawuf und malikitischem Fiqh zeigen sich immun gegen die Einflüsterungen der Ideologen.
Das Land hat so bereits den Einfluss des Irans und einiger extremer salafitischer Bewegungen im eigenen Land zurückgedrängt. Die Gelehrten sind dabei in der Lage, alle Facetten des Islam korrekt zu vermitteln und gleichzeitig – mit Autorität – eine klare Linie gegen Terrorismus und Ideologie zu ziehen. Mittelfristig könnte das Land so einen Weg zwischen den Extremen von Esoterik und Extremismus weisen.
Für alle Europäer, die den Islam wirklich im Ganzen verstehen wollen, dürfte dieses Denken der „Einheit“ und – aus Sicht des Islam – die rechtliche Bewertung der Finanzkrise bedeutsam sein.
Auf der Konferenz wurde die große Wissenschaft der Gelehrten natürlich nur angedeutet. Professorin Zakia Zouanat, um nur ein Beispiel zu nennen, führte kurz durch die Welt der berühmten Heiligen des Landes. Ihre Kategorisierung der Berühmtheiten erklärt die große inhaltliche Spannbreite der Gelehrten und beweist gleichzeitig den großen Einfluss der Tariqats auf die Gesellschaft. So waren einige Gelehrte berühmt für die Stärkung ökologischen Bewusstseins, andere für die Unterstützung der nationalen Freiheit, andere wiederum widmeten ihr Interesse den „sicheren Straßen“. Sie hinterlassen alle ein fazsinierendes Werk und Spuren größtmöglicher menschlicher Einsichten.
