Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Abu Bakr Rieger

Islam, Finanztechnik, Recht & Philosophie

Im Innern von München

„Die seit mehreren Jahren bestehende abstrakte Gefahrenlage durch den islamistischen Terrorismus hat sich weiter verschärft.” Das sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann bereits anlässlich der Vorstellung der Verfassungsschutzinformationen des ersten Halbjahres 2009. Nach dem Attentat von Madrid vor den Parlamentswahlen in Spanien im Jahr 2004 müsse man im Vorfeld der Bundestagswahl im September besonders wachsam sein, sagte Herrmann. Der bayrische FDP-Politiker Stadler kritisiert inzwischen den Innenminister für die permanenten „Terrorwarnungen“ und die Fiktion eines laufenden „Ausnahmezustandes“.

Die „abstrakte Gefahrenlage“ ist natürlich ein dehnbarer Begriff. Die türkische Organisation IGMG kritisiert den Innenminister wegen einer anderen oberflächlichen Aussage. So soll Herrmann behauptet haben, „führende Funktionäre der IGMG ständen im Verdacht, Straftaten zu begehen und den internationalen Terrorismus finanziell zu unterstützen.“ Starker Tobak: Hieße dies doch praktisch, die Organisation habe Sympathie für menschenverachtende Massenmörder. Für diese These gibt es aber weder ernstzunehmende Hinweise noch irgendwelche Beweise. Natürlich weist der IGMG-Generalsekretär diese Aussagen auch scharf zurück.

Solche Stammtisch-Reden dürften der rechtsextremen Szene im Lande gefallen. Der sicherheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag, Harald Schneider, kritisiert auch den Halbjahresbericht 2009 des Verfassungsschutzes. Joachim Herrmann lenke – so Schneider – von dem nach wie vor präsenten und brisanten Problem des Rechtsextremismus in Bayern ab. Schneider: „Es müssen Handlungsstrategien entwickelt werden, wie rechtsextremistisches Gedankengut in unserer Gesellschaft bekämpft werden kann, das nicht mehr nur am rechten Rand angesiedelt, sondern seinen Weg in die politische Mitte gefunden hat. Diese fehlenden Handlungsstrategien sind insgesamt ein großes Manko der Verfassungsschutzberichte.”

Die CSU in Bayern gewinnt in der „Mitte“ ihr schwindendes konservatives Profil immer wieder durch Spitzen gegen den Islam oder den EU-Beitritt der Türkei. Wirtschaftspolitisch ist die Partei weiß Gott flexibler. Man braucht die islamischen Länder für die eigenen darbende Wirtschaft. Allein dieses Jahr reisen 27.000 UAE-BürgerInnen zur medizinischen Behandlung nach München, der Tourismus aus islamischen Ländern boomt und der Münchner Einzelhandel profitiert im Sommer extrem von den frommen Gästen. Viele Araber haben Eigentumswohnungen gekauft und investieren in die bayrische Wirtschaft.

Der deutsche Konsul aus Dubai vermittelt auch in München Kontakte zwischen der bayrischen Wirtschaft und den wohlhabenden Gästen. In diesen Zirkeln werden inzwischen auch die Profilierungsversuche des Innenminister gegen den Islam oder die Muslime mit Sorge gesehen. Man registriert durchaus den Unterschied zwischen der „weltoffenen“ Rhetorik der Außenpolitiker am Golf und der groben Islamkritik der Innenpolitiker „dahoam“.